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Forschungsstelle für Unternehmens- und Kapitalmarktrecht sowie Unternehmenssteuerrecht

Companies, Capital Markets & Taxes – CoCapT

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20 Jahre SE - Erfahrungen in Deutschland und Perspektiven

Am 6.10.2021 organisierte die Forschungsstelle CoCapT ein Symposium zum Thema „20 Jahre SE – Erfahrungen in Deutschland und Perspektiven“. Einleitend rekapitulierten Frau Prof. Dr. Jessica Schmidt, LL.M. (Nottingham) und Herr Prof. Dr. Adam Sagan, MJur (Oxon) die Geschichte der SE, deren Anfänge bis in das Jahr 1959 zurückreichen. Bis die SE-VO und SE-RL am 8.10.2001 verabschiedet wurden, musste zunächst ein langer und kontrovers geführter Regelungskonflikt überwunden werden, der insbesondere die Mitbestimmung betraf. Seitdem hat die SE eine enorme wirtschaftliche Bedeutung erlangt. In Europa existieren heute mehr als 3.000 SE, davon mehr als 700 mit Sitz in Deutschland. 32 % der DAX 40-Unternehmen nutzen die SE. Anlässlich des Jubiläums sollte über Erreichtes, Perspektiven und Optimierungsbedarf reflektiert werden.

Zu gesellschaftsrechtlichen Aspekten trug Herr Dr. Hartwin Bungert, LL.M. (Chicago) (Hengeler Mueller, Düsseldorf) vor. Bungert erläuterte die Gründungsformen der SE in der Praxis, bevor er wesentliche Abweichungen der Corporate Governance zwischen der SE und der AG aufzeigte. Der Vortrag schloss mit einer Darstellung der Umwandlungsmaßnahmen unter Beteiligung einer SE. Hierzu kam Bungert auf das Verhältnis zur Mobilitäts-Richtlinie zu sprechen und warf die Frage auf, ob die Regelungen dieser Richtlinie auf das Recht der SE übertragen werden könnten.

Im zweiten Referat führte Herr Dr. Thomas Müller-Bonanni, LL.M. (NYU) (Freshfields Bruckhaus Deringer LLP, Düsseldorf) in aktuelle Fragen der Mitbestimmung in der SE ein. Neben der Frage, wie die Auffangregelungen bei der Aktivierung von Vorratsgesellschaften anzuwenden seien, wurde der Anknüpfungspunkt des Vorher-Nachher-Prinzips der SE thematisiert (Stichwort „Ist vs. Soll“). Müller-Bonanni zeigte offene Fragen sowohl hinsichtlich des Begriffs der strukturellen Änderung (§ 18 Abs. 3 SEBG) als auch der Grenzen der Vereinbarungsautonomie bei der Umwandlungsgründung auf, die zu der Vorlage des Ersten Senats des BAG an den EuGH geführt haben. Schließlich wies Müller-Bonanni auf das Spannungsverhältnis zwischen dem Statusverfahren und dem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren hin, das bei Streitigkeiten über die Wirksamkeit einer SE-Beteiligungsvereinbarung besteht.

Die Vorträge rundete Herr Dr. Andrew Mountstephens (Leiter Rechtsabteilung Sixt SE) mit einem Einblick sowohl in die Gründung als auch in die alltägliche Praxis einer SE mit Sitz in Deutschland ab. Herr Dr. Mountstephens beleuchtete die Beweggründe für die SE-Gründung bei Sixt und die Probleme, die sich in diesem Gründungsprozess stellten. In einem weiteren Teil ging er auf eine aktuelle Entscheidung des BayObLG in einem Statusverfahren zur Besetzung eines SE-Aufsichtsrats ein.

An die Vorträge schloss sich eine lebhafte Diskussion an, in der neben Zustimmung zur SE auch kritische Stimmen hörbar wurden, die eine Erosion der deutschen Mitbestimmung befürchteten. Insgesamt zeigte sich aber doch, dass sich die SE entgegen der ursprünglichen Skepsis bei ihrer Einführung zunehmender Beliebtheit erfreut und sowohl die gesellschafts- als auch die mitbestimmungsrechtliche Diskussion bereichert.


Verantwortlich für die Redaktion: Konrad Roth

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